Nach Kambodscha standen zwei Planänderungen an, denn es dürstete uns nach Entschleunigung. Wir strichen Nepal aus unseren Plänen und reisten zudem zunächst nach Thailand anstatt nach Laos. Den Komfort von Unterkunft und Transport schraubten wir etwas nach oben, den Takt unserer Ortswechsel nach unten. Und so gings zunächst mit dem Flugzeug von Siem Reap nach Bangkok. Da wir bei der Hotelbuchung nicht so wirklich einen Plan von Bangkok hatten, befürchteten wir bei der Ankunft schon, etwas ausserhalb der Geschehens gelandet zu sein. Wie sich aber herausstellte, war das weit gefehlt. Unser Viertel Shirkumvit ist als Einkaufs- und Geschäftsviertel bekannt – und im Moment auch als Demo-Zentrum.
Von Gelbhemden und Rothemden
Wir hatten zwar einiges über die Hintergründe der Demonstationen gelesen, aber am besten erklären konnte es unser Friseur um die Ecke – feuriger Anhänger der Demonstrationen wohlgemerkt.
Die Kurzfassung: In Europa ging die Demokratisierung mit der Abschaffung der Monarchie einher. Daher könnte man als Europäer zunächst denken, dass die als Intellektuelle geltenden Gelbhemden gegen den König rebellieren. Ist aber nicht so, genau das Gegenteil ist der Fall. Für die Demonstranten in Thailand steht der König für die gute Seite der Macht („He is our father“) und die jetzige Premierministerin und ihr Bruder, der vorherige Premierminister, für Vetternwirtschaft und Korruption. Und das kam so: Zunächst hat der Bruder (Thaksin Shinawatra) seine Position als Premierminister zur Geschäftemacherei genutzt und sich auf Kosten des Volkes und seiner Ressourcen bereichert. Er bekam den Prozess gemacht, wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt und ging ins Exil. Bevor er ins Exil ging, setzte er seine Schwester Yingluck als Spitzenkandidatin ein, die die Wahlen auch gewann – und das Urteil gegen ihn aufheben wollte. Dieses Amnestiegesetz war der Auslöser der Demonstrationen. Wie konnte sie die freien Wahlen gewinnen, war doch bekannt, dass hier der verlängerte Arm eines Verurteilten kandidiert? Sie hat sich die Stimmen bewiesenermaßen durch ein falsches Wahlversprechen bei der großen Gruppe der Bauern ergaunert. Sie hat versprochen, dass der Reispreis steigt – dafür hat sie den Reis zu einem dufte Preis auf Kosten des Volkes (auf wessen Kosten sonst) aufgekauft und sitzt jetzt auf den vor sich hingammelnden weil überteuerten Säcken, Millionenverluste inbegriffen. Die nächsten Wahlen würden wohl aufgrund der Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschaft wieder zugunsten der Bruder-und-Schwester-Partei ausfallen, daher will der Protestanführer Suthep auch keine freien Wahlen, sondern einen aus verschiedenen Berufsgruppen rekrutierten Rat als Übergangsregierung und das sei auch gut so – so unser Demonstrationsverfechter. Ganz so ist es aber natürlich auch nicht. Auch dem Anführer der Proteste wird Korruption vorgeworfen, er steht wegen Mordes an 90 Rothemden kurz vor der Anklage und freie Wahlen zu boykottieren und (vielleicht auch deshalb?!) einen nicht gewählten Rat einsetzen zu wollen ist nicht gerade demokratisch. Wie auch immer, man darf gespannt sein. Soweit unser kleiner Ausflug in die aktuelle Revolutionsgeschichte Thailands – danke noch mal an unsern Friseur für den Nachhilfeunterricht, den Schnitt und das Extragekraule am Waschbecken.
Nun wussten wir, dass man sich eigentlich von den Demonstrationen fernhalten soll, aber das ist einfacher gesagt als getan, wenn die eigene S-Bahnstation inmitten der Camps liegt – und einen zudem die Neugier treibt. Tagsüber erschienen uns unsere Besuche auch vertretbar, zudem gab es Live-Musik, viele Krims-Krams-Stände und gutes Straßenessen (eine mundgerecht portionierte frische Miniananas am Tag war Pflicht). Abends, wenn die Straßen voller, die Redner lauter und die Trillerpfeifen schriller wurden, gingen wir auch schon mal auf dem kürzesten Weg nach Hause – aber nicht ohne noch schnell ein Foto zu machen:
Wir erkundeten die Stadt besonders gern mit den schmalen Expressbooten, die in den Kanälen und auf dem Chao Phraya-Strom fahren. Hat man das System ertsmal raus, lassen sich die Boote prima als Wassertaxis nutzen, wozu sie ja auch gedacht sind. Das ist günstiger als TukTuk fahren und macht auch viel mehr Spaß.
oben links: unterwegs in den Kanälen
oben rechts: in der Hochbahn: endlich denkt mal einer an die Kinder – und Mönche
links unten: Blick auf Bangkok vom Golden Mountain
rechtsunten: Madame Tussauds kann einpacken – ca. 30 cm hohe Mönchs-ohne-Aktion-Figuren
… und T-Shirtträgern
Anschließend führte uns unsere Reise weiter nach Koh Tao, auf eine kleine Insel nördlich von Koh Samui im Golf von Thailand. Es war paradiesisch – weißer Strand und Palmen, wie sich das gehört. Hier machten wir Urlaub vom Reisen. Wir verließen unseren Hausstrand über eine Woche lang nicht (Rekord!). Wir mieteten uns keinen Roller und erkundeten die Insel nicht. Stattdessen gingen wir fast jeden Tag tauchen oder schliefen lange und machten ausgiebig Siesta in unserem klimatisierten Bungalow. Manchmal gingen lange schlafen und Siesta auch nahtlos ineinander über. Unser einziger fester Tagesordnungspunkt war der Sonnenuntergang am Strand.
links: Harte Arbeit am Schreibtisch – Klaus schreibt den Blogbericht für Cambodia.
rechts: Unser Hausstrand „Sairee Beach“ nach einer Schnorchelrunde am Morgen.
Fische ohne Ende. Und Korallen. Und keine Unterwasserkamera – Carmen hat ins Meer geweint, also in die Taucherbrille, um genau zu sein.
Für ein wenig Aufregung sorgte der Werdegang unserer kleinen Tauchschule, da sich der deutsche Besitzer Stefan mit der thailändischen Eigentümerin anlegte. Hierzu muss man wissen, das Ausländer in Thailand kein Land erwerben können und Mietverträge recht flexibel sind. Da sich die beiden wohl nicht zum ersten mal über die Miete für die Schule stritten, die von der Vermieterin wohl immer mal wieder gerne kurzfristig erhöht wurde, machte der entnervte Stefan Nägel mit Köpfen – und zog über Nacht komplett aus, vom Strand in eine Garage hinter einem Supermarkt. Das fanden wir couragiert, weshalb wir ihm treu blieben und auch weiterhin unserer Tauchgänge bei ihm buchten. Wir wünschen ihm und seiner rechten Hand Poh viel Glück – wie auch immer diese Geschichte jetzt weiter geht.
Irgendwann war es dann aber auch gut mit dem Inselleben, wir freuten uns aufs weiterreisen, packten Bikini und Badehose wieder ein und verließen Koh Tao mit dem Schnellboot Richtung Bangkok.
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4 Responses to Viva la Revolución
Liebe Carmen, das Meer ist doch salzig genug, da musst Du doch nicht noch hineinweinen.
Vielen Dank für die politische Einordnung der thailändischen Demos. Schön, das Ihr euch auf eurer anstrengenden Weltreise auch mal Zeit nehmt, auszuspannen. Nicht, das ich auf die interessante Lektüre eures Blogs verzichten muß, weil einer von euch „geburnoutet“ ist.
Hallo Carmen und Klaus,
super Euere Eintraege, wir sind momentan in Laem Chabang das liegt suedlich von BKK wir wollen am 3. frueh morgens nach Mae Hong Son fahren und dort einige Tage bleiben und dann in Richtung Nan weiter wo die Familie von Pleng lebt. Wo seid Ihr momentan, ruft mich doch einfach mal an und wir koennten uns treffen, meine Nummer in Thailand ist, 0983989712.
sorry Rest vergessen….
liebe Gruessen von
Pleng und Frank