Eine Fähre brachte uns nach Korea. In Busan angekommen, stapften wir durch die Hafenanlage zur U-Bahn. Sieh an: Busan ist die größte Hafenstadt Südkoreas und insgesamt die zweitgrößte Stadt des Landes. Und sehenswert. Es git viel zu entdecken, wir entschieden uns für Kunst und Wandern. Schon bei unserem ersten Rundgang durch die Stadt merkten wir, dass Korea definitiv eine eigene Stellung unter den asiatischen Staaten einnimmt. Hier gibt es das quirlige Straßenleben Südostasiens gemixt mit der Modernität westlicher Großstädte und der japanischen Höflichkeit, allerdings nicht deren Zurückhaltung.

Doch zunächst: neues Land, neue Telefonkarte. Dachten wir jedenfalls. Erster Tag … Aber irgendwie wollte das nicht klappen – einen auf Spezialfälle wie uns eingestellten Shop für Telefonkarten hatten wir zwar gefunden, aber er war geschlossen. Zwei Versuche in „normalen“ Telefonläden brachten zwar nette Begegnungen, aber keine Telefonkarte. Die Verständigung war nicht leicht – fremde Sprache trifft auf komplizierte Materie, wäre vielleicht die Kurzfassung. Bis zum Schluss unserer einmonatigen Koreareise hatten wir kein eigenes Internet, was aber nicht nur an der sperrigen Beschaffung lag. Wir verloren schnell das Interesse. Mit Auto und Zelt, wie in Japan, war eigenes Internet wichtig, in Südkorea ging es für uns auch ohne.

Statt Telefonkartenshophopping stand Gamcheon auf unserer langen Wunschliste für unsere kurze Zeit in Busan. Gamcheon wurde im Koreakrieg von Flüchtlingen gegründet und ist jetzt als Art Village bekannt. Das ging so: Um ihre schwierige Situation zu verbessern, haben die Einwohner vor ein paar Jahren angefangen, Häuser und Wege in Kunsträume und Treffpunkte zu verwandeln. In einigen der bunten Häuser gibt es jetzt interessante Installationen zu sehen, in den Straßen entdeckt man immer wieder große Gemälde und kleine Details. Ein erfolgreiches Projekt, aber die Besucherströme haben auch ihre Folgen. Nicht jeder Einwohner dürfte sich darüber freuen, dass lautstarke Touristen hinter der Gardine eine Kunstinstallation wittern.

Wir kauften uns einen Stadtplan und starteten das Stempelspiel – pro „Kunststation“ gab es einen Stempel ins Heft und hübsche Postkarten dazu. Stempel für den Besuch einer „Sehenswürdigkeit“ zu sammeln, ist auch in Japan sehr verbreitet. Da wir als europäische Touristen auffielen, machten wir schnell Bekanntschaft. Natürlich ist es immer gut, aufmerksam zu bleiben, doch in Südkorea erlebten wir eigentlich keine „Nepper, Schlepper, Bauernfänger“-Situationen. Ein netter Herr gab uns ein Eis aus und erzählte begeistert von seinem Besuch in Deutschland. Anschließend begleitete uns ein vergnügtes junges Pärchen, das es sich für eine Viertelstunde zur Verantwortung machte, dass wir auch ja keinen Stempel verpassten. Gegen Ende unserer Tour führte uns dann noch ein älterer Herr auf seinem Weg nach Hause zum Ziel. Danke! Erfüllt von Kunst und Mensch liefen wir quer durch Busan, auf der Suche nach einer U-Bahn Station. Der Weg führte uns zu einer kleinen Pizzeria. Hier verursachten wir merklich etwas Verwunderung: Die Verkäuferin machte große Augen, als wir uns zwei Pizzen bestellten. „Krass!“, dachte sie. Und sagte es wahrscheinlich auch. Essen zu teilen ist normal. Jeder eine Pizza? Eher nicht.

 

Auf dem Berg Geumjeongsan gibt es eine alte Festungsanlage und da Sonntag war, nutzen wir zusammen mit sehr vielen anderen den freien Tag um dort zu wandern. Mit der Seilbahn fuhren wir zur Bergspitze und genossen den Ausblick auf die Stadt und die Umgebung. Auf unserer Wanderung entlang alter Festungsspuren, lernten wir einige Unterschiede zwischen europäischen und koreanischen Wanderkulturen kennen. Zum Beispiel trägt fast jeder Wanderer ein kleines Radio mit sich, aus dem beständig koreanische Schlagermusik ertönt/erklingt. Auch die Wahl des Picknickortes war oft bemerkenswert. Sie bezwingen fröhlich das Unterholz, so könnte man es vielleicht beschreiben. Gerne hätten wir noch den Strand der Stadt gesehen, doch wir gingen davon aus, dass wir am Ende unserer Koreareise noch einmal wiederkommen würden – um mit dem Schiff nach Shanghai überzusetzen. Wir kauften unser Busticket für die Weiterreise, ein Eis aus der flüssigen Stickstoffkühlung und ließen unseren letzten Tag in Busan inspiriert und auch etwas verwirrt zu Ende gehen.

Mit dem Bus ging es weiter nach Andong. Unser exklusives Abenteuer begann schon bei unserer Ankunft im Busbahnhof. Alle anwesenden Koreaner war erstaunt, als sie uns und unser Gepäck sahen und so folgten uns 30 Augenpaare bei unseren unbeholfenen Versuchen, einen Anschlussbus in die Stadt zu ermitteln. Andong ist eine Stadt, die in Südkorea für ihre Maskentradition bekannt ist – in der Nähe liegt das Museumsdorf Hahoe. Die ländliche Lage des Dorfes an einem Fluss mit einer Klippe auf der anderen Seite ist idyllisch, gerade morgens. Wir gingen dort an einem herrlichen Tag in der Sonne spazieren, saßen gerne auf den Bänken am Wasser, hörten, dass man nichts hört, liefen im Dorf herum und waren zunächst fast die einzigen Gäste. Mit fortschreitender Zeit und dementsprechender Zunahme der Besucher und auch der Alkoholisierung, wurde es lauter und lustiger. Laut und lustig soll es auch bei den traditionellen Maskentänzen zugehen, die als sehenswert gelten. Jedoch waren wir irgendwie nicht in der richtigen Stimmung. So ist das manchmal. Auf dem Heimweg sahen wir ein Fernsehteam, wie sie sich an der kleinen Fähre zu schaffen machte. Sie wollten wohl die Rettungsmittel filmreif überprüfen. Das Fährunglück vor Incheon, bei dem von den fast 500 Menschen – davon 300 Schüler – nur 174 überlebten, war gerade 2 Wochen her.

Wir sahen uns noch das Maskenmuseum an und fanden es sehenswert. Den wissenschaftlichen Wert können wir nicht ermessen – die Sammlung der regionalen Masken war interessant, bei den internationalen Exponaten mussten wir manchmal ein bisschen schmunzeln. Auf jeden Fall war es bunt.

Zurück in Andong gingen wir in einem veganen Restaurant essen. Hier gab es typisch koreanische Kost und so konnten wir frei und fröhlich Bibimbap und Kimchi probieren. Wie wir feststellten, gehört das Restaurant zu einer von einem Guru geleiteten Restaurant-Kette.

Von Andong nahmen wir diesmal den Zug und fuhren nach Danyang. Wir hatten uns in einem Guesthouse eingebucht, in dem wir mit besonders offenen Armen empfangen wurden. Die besonderen Note lag darin, dass unser Gastgeber für das Bürgermeisteramt kandidierte und er ausländische Gäste gut gebrauchen konnte, um für sich Werbung zu machen. Wir bekamen nach einem kurzen Stop im Wahlkampfbüro eine Führung über den Markt, begrüßten alle wichtigen Standinhaberinnen uns Standinhaber, und gingen zusammen Essen. Sein Bruder, ein Schneider, lachte, als er uns zusammen sah. Er bat uns in sein Geschäft, während er seinem Bruder etwas zurief. Ich fragte, was er da zu ihm gesagt hätte und er meinte auf englisch: You make him look smart.

Am nächsten Tag waren wir zu einer weiteren Tour aufgefordert/eingeladen, gleich morgens sollte es losgehen. Doch dann merkten wir, dass irgendetwas passiert war. Er ließ sich entschuldigen, käme etwas später, so die Auskunft seines Wahlkampfhelfers. Stattdessen würde uns seine Tochter ein paar schöne Sachen in der Umgebung zeigen, mit ihm als Fahrer. Wir hatten einen tollen Tag, besuchten eine Tropfsteinhöhle, einen See mit Liebesinsel, eine farbenfrohe Klippe und machten auch noch eine Bootsrundfahrt, während fleißig Visitenkarten verteilte wurden. Am Abend sahen wir den Grund, warum uns unser Bürgermeisterkandidat versetzt hatte: Eine Blondine war eingetroffen. Da hatten wir keine Schnitte, das konnten wir gut verstehen.

Jetzt wurde es spannend. Wir hatten schon vor einem Monat einen Retreat in dem berühmten Guinsa Tempel gebucht, der nun beginnen sollte. Damyang ist ein guter Ausgangsort, um hierhin aufzubrechen, das Kloster liegt nicht weit entfernt in den Bergen. Inklusive eines kleinen, aber steilen Fußmarschs bei der Ankunft. Mit Wochenendgepäck nicht weiter erwähnenswert, aber mit Weltreisegepäck kurz sportlich.

 

Wir checkten ein und lernten unsere Gruppe kennen. Sie bestand aus jungen amerikanischen Erwachsenen, die für ein Jahr als Englischlehrer in Korea arbeiten und Koreanern, die sich für den Buddhismus interessieren. Wir zogen unsere Uniformen an und machten eine Besichtigungstour durch das Kloster. Es gab zum Abend ein einfaches Essen, dessen Zutaten die Mönche und Nonnen selbst anbauen. Bei der Abgabe des Tabletts wird darauf geachtet, dass alles, was man sich genommen hat, aufgegessen ist. Wenn nicht, dann wird nachgesessen oder der Nachbar hilft. Kein Pardon. Anschließend übten wir in der Dharma Hall das Verbeugen und den Mediatationsreim. Vor dem zu Bett gehen gab es Tee und Konversation mit einer Nonne, alles sehr interessant. Geschlafen wurde ortstypisch (wie in Japan nur härter, aber dafür wärmer, weil der Boden beheizt ist, manchmal). Am nächsten Tag standen wir um 3 Uhr Morgens auf, um zu meditieren. Anschließend konnte man noch mal eine Runde schlafen oder selbständig das Allerheiligste erklimmen. Wir entschlossen uns für das Nirvana, stiegen viele Stufen hoch und haben es nicht bereut. Am nachmittag stand ein gemeinsamer Meditationsspaziergang an. Es ging die Berge entlang auf schmalen Pfaden, hin zu einer surrealen Graskuppel, auf der wir meditierten und staunten. Das Grün zu unseren Füßen fiel einfach ins Tal, ohne Klippe, ohne Kante.

Von hier aus ging unsere Reise weiter nach Seoul. Mehr davon im nächsten Bericht.