Vom Nyoto-Onsen ging es an die Westküste Japans. Küstenspaziergänge zum Auskundschaften der näheren Umgebung gehörten zu unseren Lieblingsunternehmungen, mit dem Heim und der Küche direkt am Meer. Hier bei Misaki (Misaki Park)

Japan04_02  Japan04_03

In Nigata, einen Tag später, halfen uns erneut die freundlichen Mitarbeiterinnen im Touristikbüro und dolmetschten die Reservierung für unseren nächsten Royokan-Besuch. Sie klärten zudem das „Vegetarier, auch kein Fisch“-Thema und die Kleidergröße. Perfekt. Einen Royokan buchten wir nie übers Internet und auch nicht per Mail. Anrufe kamen für uns nicht in Frage, sich gegenseitig zu verstehen war oft schon von Angesicht zu Angesicht nicht ohne. Nun sind Touristikzentralen keine Reisebüros, aber weil wir immer wußten, was wir wollten, fanden wir es O.K., den schnellen Service ab und zu mal in Anspruch zu nehmen.

In Yahiko, Tsubame, waren wir auf unserem Zeltplatz das erste mal nicht alleine. Drei ältere Herren, die sich noch aus der Pfadfinderzeit kannten, hatten hier ebenfalls ihr Lager aufgeschlagen. Wir freuten uns an der Gesellschaft, die uns letztlich eine Krähe bescherte. Als die heiteren Herren ihr Mahl fast fertig gegrillt, gegart bzw. gekocht hatten, bemerkten sie in der Nähe die schönen Kirschblüten und waren für einen kurzen Moment weg. Währenddessen stürzte eine riesige Krähe auf ihren gedeckten Tisch, nahm sich ein Stück Fleisch und flog zur nächsten Mauer. Wir sprangen auf, riefen und wedelten mit den Armen und so nahm der Abend seinen Lauf. Sie überhäuften uns mit Geschenken und wir plauderten. Diesmal gab es köstlichen Knoblauch-Sake (zum Probieren), normalen Sake (eine Flasche), Brot (ein Laib) und Kuchen sowie Kaffee aus Mini-Filtertüten. Die Krähe mochte lieber Müsli. Dabei wußte sie, was in der Verpackung ist. Sie nahm am nächsten Morgen den vollen, ungeöffneten Karton im Vorbeiflug mit. Carmen spürte später im Wald die Krähe samt Beute auf und entsorgte sie fachgerecht. Die Verpackung.

Japan04_05  Japan04_04

Weiter ging es zu unserem vorab reserviertem Ryokan in die japanischen Alpen Richtung Nagano. Hier wurden wir schon vor unserer Anreise vor der abenteuerlichen Zufahrt gewarnt, nichts für schwache Gemüter, hieß es. So war es. In engen Kurven ging es einer Rally gleich über eine einspurige Straße kilometerweit durch die verschneiten Berge. Wilde Schneeaffen inklusive.

Japan04_06  Japan04_07

Der Ryokan-Onsen war diesmal wesentlich größer. So wir die verschiedenen Bäder denn fanden, nutzen wir sie gern. Auch ließen wir uns das Essen schmecken. Aber eigentlich war es für uns kaum möglich, selbständig das System aus Uhrzeiten für getrennte und gemischte Bäder zu entschlüsseln, die Bäder zu finden und zu entscheiden, durch welche Tür Mann und Frau jetzt wohl gehen sollten. Wir dachten sehnsüchtig an das einfache Farbschema in unserem ersten Onsen zurück. Schließlich machten wir aus der Not eine Tugend, indem wir private Bäder buchten, zu denen wir gebracht wurden.

Als nächstes Stand der Fuji auf unserem Plan. Ihn zu sehen gilt als großes Glück. Wir hatten Glück. Wir waren ja schon mal nah dran, am Fuji, auf der Fahrt von Kyoto nach Tokio konnten wir ihn vom Shinkansen aus in der Vorbeifahrt sehen. Nun erreichten wir ihn zwei Wochen später auf unserer Rückreise am letzten sonnigen Tag für Tage und bewunderten ihn selig in seiner Perefektion und Lässigkeit.

Japan04_01

Wir brauchten ein bisschen bis wir einen guten Campingplatz gefunden hatten, so kurz vor der Golden Week waren wir das dritte Zelt auf dem Platz. Nachdem wir unser Zelt aufgebaut hatten erkundeten wir die Umgegend. In einem Drogeriemarkt versuchten wir ein letztes Mal, Duschgel in einer Flasche mit weniger als 1Liter Inhalt zu erstehen, was uns leider nicht gelang. Im Supermarkt nebenan war die Auswahl an unterschiedlichen Sake-Sorten dafür umso größer. Wir deckten uns also mit genügend Sake, Reis und dem lokalen Beilagenmix ein und fuhren in vollkommener Dunkelheit zurück zu unserem Zelt. Nach dem Sake fielen wir in einen tiefen, zufriedenen (wir haben den Fuji gesehen!) Schlaf der Morgens relativ abrupt endete.

Es fing an mit rascheln und flüstern. Kurz darauf kam eine krächzende Aufnahme in japanisch mit Klavier dazu. Wie wir später erfuhren handelte es sich hierbei um Radio Taisou. In Schulen und Fabriken ist es in Japan die Norm 15 Minuten früher zu erscheinen um dann gemeinsam die Fitness-Übungen durchzuführen.

Nachdem die Schüler fertig waren frühstückten wir, packten unser Zelt zusammen und machten uns auf den Weg Richtung Westen. Eine japanische Burg stand als nächstes auf unserem Plan. Bereits nach 500Metern trafen wir auf den nächsten (zumindest für europäische Augen) ungewöhnlichen Anblick. Hunderte Angler saßen in ihren Booten in Reih und Glied aber auch hier sagt ein Bild wieder mehr als tausend Worte.

Japan04_08

Wir ließen die Alpen und den Schnee hinter uns und fuhren durch die multicoloren und reizend beblätterten Wälder Gifus zum japanische Pendant des Rheins, dem Kiso-River. Gerne wären wir in der Gifu-Region zum wandern geblieben, stattdessen schlugen wir am Ufer im Regen unser Zelt auf, kochten und aßen im Regen ein spärliches Mahl und besuchten im Regen einen Schrein, an dem mit eigenartigen Plastikpuppen ein Märchen erzählt wurde, dass sich uns nicht erschloss.

Japan04_09  Japan04_12

Japan04_10  Japan04_11

Wir besuchten noch die Inuyama Burg und flüchteten schließlich nach Nara um uns zu trocknen und in ein paar weichen, weißen Federn zu erholen. Nara ist ein typisches Ziel für jeden Japanreisenden. Es gibt hier wunderschöne Parks, Viertel, Tempel und eine riesige Buddah Statue. Das surreale: überall laufen Rehe rum, einfach so. Die heiligen Vierbeiner laufen über die Straßen, Zebrastreifen, gehen in Geschäfte, liegen im Park, stehen im Wald. Eine verrückte Atmosphäre. Nach unseren langen Spaziergängen ging es in der Dunkelheit immer vorbei an sehr, sehr vielen leuchtenden Augen.

Japan04_16  Japan04_21

Japan04_19  Japan04_17

Japan04_24  Japan04_23

Japan04_18  Japan04_22

Weiter gings an die Südküste. Die Golden Week stand unmittelbar bevor und wir hatten keine Reservierungen für die nächsten Tage. Das geht nicht, stand in den Reiseführern, wir würden obdachlos sein, so die Prophezeihung. Wir wollten es wissen, unser (kostenloser) Campground am Meer schien eine gute Ausgangsposition. Wir genossen, wie so oft, ein Abendbrotpicknik am Ufer und dann kam die erste Nacht der Golden Week. Sie endete um 3 Uhr morgens mit einer plötzlichen Invasion von dutzenden Hammern und noch mehr Heringen. Herbeigeschafft in der Dunkelheit von Autos und Bollerwägen, zusammen mit Equipment aller Art, fertig zur Verarbeitung in Teamarbeit. Um drei Uhr nachts. Das war nicht cool. Traumplatz, Stirnlampe und Urlaubstagenot hin oder her. Miteinander zelten geht anders. Wir traten den Rückzug an, der Obdachlosigkeit entgegen. Unser erste Reihe Oceanviewplatz wurde von ein paar Fußballhütchen und einem Liegestuhl samt Leserin geschwind besiedelt, Kofferraum zu und weiter.

Japan04_25  Japan04_13

Für die zweite Nacht in der Golden Week kam uns eine neu entdeckte Funktion im Navi zur Hilfe. Das Gerät hatte „Zeltplätze“ als Kategorie gespeichert. Gut zu wissen. Was sich hinter dem Punkten auf der Karte verbarg, blieb bis zur Ankunft spannend, die Ausstattung der Plätze konnten wir nicht lesen – neben Campingplätzen war vom Rastplatz bis zum Stadtpark immer alles möglich. Für die erste Nacht nahmen wir den Rastplatz (am Fluss), später den Stadtpark.

Dann musste mal wieder Kultur her und wir brachen früh zur Museumsinsel Naoshima auf. Das Wetter war super und wir erwischten sogleich eine Fähre für die Überfahrt. Die Insel war dann eine Überraschung. Ein Foto hatte zuvor unsere Phantasie beflügelt. Wir hatten uns eine Art Sandbank mit Kunst-Installationen darauf vorgestellt, die Idee der Insel ist aber eine andere: Man hat auf einer normal bewohnten Insel quasi zur Strukturförderung soviel Kunst angesiedelt, bis sie zur „Museumsinsel“ wurde. Die von Künstlern umgestalteten Häuser und Räume mit ihren Installationen waren allesamt interessant. Jedoch brauchte man für fast alles Tickets, für manches, z.B. die Museen noch Extratickets, die man im Morgengrauen kauft – nicht unsere Stärke.

Japan04_26  Japan04_14

Wieder half uns unser Navigationssystem einen Zeltplatz zu finden und diesmal hatten wir richtig Glück. Das Navi führte uns auf immer kleineren Straßen in die Berge bis wir auf einen See mitsamt schönen Campground stießen. Geführt wurde er von zwei älteren Herrn (und älter in Japan heißt wirklich alt) die uns ohne Englischkenntnisse dafür mit Zeichensprache und einem großen Lächeln im Gesicht einen schönen Platz direkt am See vermieteten.

Weiter ging es nach Hiroshima wo wir wieder ein Zimmer im Businesshotel gebucht hatten. Wir erwischten noch den letzten Abend eines großen Volksfests, super. Es gab viele kleine Buden für Speis und Spiel, Bühnen mit Livebands und natürlich viel Bier (ja nur wenige Prozent aller Asiaten vertragen wirklich keinen Alkohol). Volksfeste auf der ganzen Welt, sind immer wieder sehr anders und sehr ähnlich.

Japan04_27  Japan04_31

Historische Museen im Land des Geschehens zu beobachten war auf unsere Reise sehr lehrreich, man Wir verbrachten den nächsten Tag im Friedensmuseum und besuchten die Atombombenkuppel in der Nähe des Ground Zero.

Japan04_28  Japan04_29

Hiroshima liegt im Süden der Hauptinsel Honshu, bald würden wir nach Kyushu wechseln und so bat es sich an, mal wieder an der Küste zelten. Zum letzten Mal auf unserer Weltreise, wie wir später feststellten. Die letzten Feiertage und das schwache Kartenmaterial machten uns dabei zu schaffen, Umkreissuchen und -entscheidungen nervten. Endlich am vermeintlichen Ziel angekommen: Zeltplatz geschlossen, abgeriegelt. Nix zu machen. Auch dem Touristikbüro war kein Zeltplatz bekannt, den man heute noch erreichen könnte – ohne zurückzufahren und das machten wir grunsätzlich nicht. Ja, was macht man da. Wir wollten einen letzten Versuch starten, da war noch ein „Punkt“auf dem Display, auf einem Hügel in der Stadt. So drehte der Wind und wir verbrachten die Nacht nicht ohne ein Schmunzeln im Stadtpark über den Dächern von Kitakyushu– mit zwei Fläschchen Sake, einer Schale Reis und einer guten Auwahl japanischer Kühlthekenspezialitäten.

Japan04_15  Japan04_30

Am nächsten Morgen ließen wir unser Heim in der Sonne trocknen und fuhren die letzte Strecke nach Fukuoka, wo wir den Wagen am Hafen abgaben. Für den letzten Tag und die letzte Nacht in Japan hatten wir uns natürlich was besonderes ausgedacht und verbrachten ihn in einem wunderschönen, kleinen Ryokan. Er wird von Mutter und Tochter geführt, wer mal die Gelegenheit hat, in Fukuoka zu sein, sollte sie besuchen.